Wie aus Halbzeit Ende wurde

                                                                                                                                                                                                  Geschrieben im April 2020

 

Niemals hätte ich noch vor ein paar Wochen gedacht, dass ich diesen Blogeintrag aus Deutschland schreiben würde. Das hat bestimmt keiner gedacht. Trotzdem sitze ich jetzt in Hamburg an meinem Schreibtisch und versuche aufzuschreiben, was in den letzten fünf Wochen passiert ist.

 

Manchmal fühle ich mich etwas naiv, naiv zu glauben, dass alles gut war. Als wir Anfang März aus den Drakensbergen zurückgekommen sind, standen für uns zwei Wochen arbeiten an, bis die zweiwöchigen Schulferien anfingen.

Dort war noch alles gut, Corona war noch kein so großes Thema, denn es gab noch nicht wirklich viele (bestätigte) Fälle in Südafrika. Irgendwann wurde jedoch darüber gesprochen, die Schulen ein wenig vorher zu schließen, nur ein paar Tage. Ab da an wurde eigentlich alles ernster.

Der letzte Abend
Der letzte Abend

Unser Mentor Jonas wollte sich mit uns treffen, dass war ein Montag.

Zu diesem Zeitpunkt hatten wir bereits von anderen weltwärts Freiwilligen gehört, dass ihre Organisationen sie zurück nach Deutschland holten.

Ich ging mit einem mulmigen Gefühl zu dem Treffen. Fazit aus dem Ganzen: stellt euch darauf ein, nach Hause zu fahren. Obwohl ich bereits vorher das Ergebnis geahnt hatte, brach daraufhin meine Welt zusammen.

Das konnte so nicht stimmen, dass ganze musste ein schlechter Scherz sein, ein Traum, aus dem ich bitte schnellstmöglich erwachen sollte. Es fühlte sich einfach nicht real an.

 

Am nächsten Tag gab es ein Gespräch mit weltwärts und SAGE Net, ob wir alleine entscheiden dürften, zu bleiben oder abzureisen. Das Ergebnis erfuhren wir erst am Nachmittag.

Da das Office auch beschlossen hatte, ab Mittwoch für mehrere Wochen zu schließen und die Mitarbeiter ins Homeoffice gehen sollten, verabschiedeten wir uns schon mal im Voraus von allen und in der Schule und den Kindern.

 

Als wir dann später wieder ins Office kamen, versuchten wir ganz normal weiter zu arbeiten und warteten auf Neuigkeiten  von SAGE Net. Und dann kam der Anruf von Jonas: ihr fliegt nach Hause, wir kümmern uns um die Rückflüge, sobald wie möglich. Erstaunlicherweise reagierte ich auf die Nachricht sehr gefasst, innerlich hatte ich bereits gewusst, dass wir nach Hause fliegen würden. Dann hieß es, sich von unseren Mitarbeitern im Office zu verabschieden.

Der letzte Sonnenaufgang
Der letzte Sonnenaufgang

Für Samstag, den 21. März 2020 bekam ich mein Rückflugticket zugeschickt.

Die letzten vier Tage waren gefüllt von Treffen mit Menschen, die mir in den letzten sechs Monaten besonders ans Herz gewachsen waren, damit wir uns von ihnen persönlich verabschieden konnten.

Von vielen Meerbesuchen und Frühstück am Strand.

Von Sonnenuntergängen und Sonnenaufgängen. Wir hatten am letzen Morgen sogar das Glück, Delfine beim Sonnenaufgang vom Strand aus zu sehen. Und abschließend mit einem letzter Sonnenuntergang mit allen Eastern Cape Freiwilligen und Jonas. Ein letzter Abend in Südafrika.

 

 

31.12.2020

 

März ist nun schon sehr lange her. Genaugenommen bin ich bereits seit 284 Tagen wieder in Deutschland.

Wesentlich länger, als was ich in Südafrika war. Aber in dieser Zeit hatte ich die Chance, die sechs Monate zu reflektieren.

Ich hatte Zeit, meine Zeit in Südafrika noch mehr wertschätzen zu lernen und zu realisieren, dass man immer im Moment leben sollte. Mach heute die Sachen, auf die du Lust hast, weil morgen kann es sein, dass du dafür nicht mehr die Zeit haben wirst.

Es gab noch einiges, was ich Südafrika sehen wollte. Aber anderseits macht es das Erlebte viel besonderer und ich bin so froh, wie viel ich in einem halben Jahr sehen und wie viel ich persönlich für mich aus dieser Zeit mitnehmen konnte.

 

Wenn ich jetzt an letztes Jahr und an die ersten drei Monate von 2020 zurück denke, fühle ich Dankbarkeit.

Dankbarkeit für die Menschen, die ich in dieser besonderen Zeit kennen lernen durfte und mit denen ich diese unvergessbaren Momente erleben konnte. Für die Up´s und Down´s, an den ich wachsen durfte und an alles schöne und schlechte, was ich gesehen habe. Alle diese Dinge haben mir in gewisser Weise die Augen geöffnet, für das Wesentliche und die wichtigen Dinge im Leben.

Eins meiner Lieblingsbilder
Eins meiner Lieblingsbilder

 Es fühlt sich nicht real an, dass das gemeinsame Weihnachten in PE schon über ein Jahr her sein soll. Dass der Garden Route Trip und Kapstadt vor einem Jahr gewesen ist.

Vor einem Jahr stand ich zusammen mit Tausenden Menschen an der Waterfront in Kapstadt und habe mir das riesige öffentliche Feuerwerk angeschaut. Aktuell mit Corona unvorstellbar.

 

Die Erinnerungen sind so präsent, dass es sich nicht anfühlt, als ob bereits ein Jahr dazwischen liegt. Anderseits gibt es mir auch ein tröstendes Gefühl, da die Erinnerungen durch Bilder, Musik und Texte wieder so real hervorgerufen werden und ich weiß, dass es so auch noch eine lange Zeit bleiben wird.

Johanna und ich zusammen mit einer Arbeitskollegin
Johanna und ich zusammen mit einer Arbeitskollegin

Ich glaube das war es jetzt erstmal von mir. Ich kann gerade noch nicht so wirklich abschätzen, wie es hier auf dem Blog weitergeht.

Vielleicht poste ich ab und zu mal ein paar Updates zu Südafrika, oder einen Artikel, den ich lesenswert finde.

Und selbst wenn hier nichts mehr kommen sollte, beibt dieser Blog online, genauso wie meine E-Mail Adresse aktiv bleibt. Solltet ihr mir nochmal schreiben wollen, könnt ihr das gerne machen.

Ich verlinke euch hier auch noch mal die SAGE Net Website, wo ihr Blogs von ehemaligen Freiwilligen findet, aber auch von zukünftigen.

Mein Kapitel Freiwilligendienst ist auf seine Weise beendet, für andere beginnt diese Reise jedoch schon bald und wird von neuen, einzigartigen Erfahrungen begleitet.

 

Zu guter Letzt noch ein großes Dankeschön an euch, dass ihr meinen Blog mit verfolgt habt und Teil meiner Reise wart.

 

Enkosi kakhulu

 

Amelie