Über Elefanten und Unterschiede

Manchmal fühlt es sich so an, als ob ich bereits vor Wochen in Deutschland in den Flieger gestiegen wäre, dabei sind es gerade mal 14 Tage. Aber in dieser kurzen Zeit ist bereits so viel Neues passiert, dass es auch in mehrere Wochen passen könnte, damit man keine Reizüberflutung erleidet.

Aber dennoch komme ich bis jetzt mit allem gut zurecht und sauge alles Neue so gut es geht auf, um ja auch nichts zu verpassen. Vielleicht werde ich irgendwann an einen Punkt kommen, wo mir alles (neue) zu viel wird, aber bis jetzt habe ich diesen Punkt definitiv noch nicht erreicht.

Trotzdem merke ich aber, wie viel Kraft das meinem Körper kostet, denn ich falle spätestens um 10 Uhr abends völlig erschöpft ins Bett, dabei bin ich gerne lange wach! Ich denke aber, wenn sich mein Alltag hier etwas normalisiert hat, ich wieder fitter sein werde, zumindest hoffe ich das :)

Der Ort in der Mall, wo die Leinwand aufgebaut war
Der Ort in der Mall, wo die Leinwand aufgebaut war

Da hier diese Woche Schulferien (und Dienstag ein Feiertag) waren, hatte ich ein verlängertes (vier Tage) Wochenende, dass mit den tollsten Sachen vollgestopft war.

 

Samstag wollten wir PE ein wenig erkunden und waren zuerst in der Baywest Mall eislaufen. Ja genau, richtig gelesen und nein, ich habe mich auch nicht verschrieben. Sisipho, unsere Mitbewohnerin, hatte uns das vorgeschlagen und um ehrlich zu sein, hätte ich gar nicht gedacht, dass man in Südafrika Schlittschuh fahren kann, aber hier wird man immer wieder überrascht. Es stellte sich jedoch als super lustig raus, da Sisipho, anders als gedacht, gar kein eislaufen konnte und wir sie stützend übers Eis ziehen mussten.

Als Belohnung gingen wir dann in der Mall erstmal Pizza essen und „Window-Shopping“. Währenddessen spielte Südafrika gerade im Rugby World Cup gegen Neuseeland und man muss dazu sagen, dass man Rugby hier mit Fußball in Deutschland gleich setzten kann. Dementsprechend bebte mindestens alle fünf Minuten die gesamte Mall und dass nicht nur, wenn ein  Tor geschossen wurde, sondern bei jeder Kleinigkeit. Eine enorme Geräuschkulisse.

Den restlichen Nachmittag verbrachten wir mit einem Spaziergang am Pier und kaffeetrinkend auf einer Bank die Wellen beobachten.

Fathers House Church Gottesdienst
Fathers House Church Gottesdienst

Ich gehöre um ehrlich zu sein, nicht zu einer regelmäßigen Kirchengängerin. Aber als uns Jim gefragt hat, ob wir am Sonntag mit in die Kirche kommen wollten habe ich einfach aus Interesse ja gesagt. Allein schon aus dem Punkt, hier so viele neue Sachen ausprobieren zu wollen wie möglich.

Was ich mir unter dem Gottesdienst vorstellte: traditionell mit viel Gesang (größten Teils auf Xhosa).

Wie es war: modern, lustig und wie ein Konzert!

Der Gottesdienst in der „Fathers House Church“ in einem alten renovierten Lagerhaus war der coolste, den ich je erlebt hatte. Es wurde neue, moderne Lieder (natürlich über Gott, aber super coole) gespielt, das Ganze war auf eine Bühne zentriert und es gab keine Kirchenbänke, sondern Stühle, die (zum Teil) auf Podesten aufgebaut waren. Während es auf der Bühne eine Lichtshow gab, war es im restlichen Teil des Lagerhauses dunkel und auf Leinwänden wurden die Lyrics der Lieder projiziert, sodass jeder mitsingen konnte. Der Gottesdienst war zu ca. 45 Minuten aus Musik und 30 Minuten aus Reden des Pastors aufgebaut.

Der Pastor hatte nicht ein traditionelles Gewand an, sondern redete im lässigen Hemd über neue, aktuelle Themen.

Eine atemberaubende, ungezwungene und aufgelockerte Stimmung, wo ich jetzt bestimmt öfters hin gehen werde, dann aber zum Abendgottesdienst, weil dort oft jüngere Leute hingehen.

Übrigens habe ich euch die Internetseite der „Fathers House Church“ hier verlinkt, oder ihr könnt einfach mal auf YouTube danach suchen, um euch ein genaueres Bild davon zu machen.

Für die ganz Interessierten hier: ihr könnt Sonntags sogar den Gottesdienst live streamen :).

Eingang Addo Elephant Park
Eingang Addo Elephant Park

Sonntagnachmittag stand dann das erste PE / Grahamstown Freiwilligen Treffen mit unserm Mentor Jonas an.

Geplant war, über unsere bisherige Zeit hier in Südafrika, unsere Einsatzstelle und Probleme (falls es welche gibt) zu reden.

Es war super schön, alle anderen wieder zu sehen und sich über die ersten Erfahrungen auszutauschen und locker über Gott und die Welt zu reden.

 

Am nächsten Tag stand mein Highlight der Woche an: der Addo Elephant Park.

Wir mieteten uns mit Paula und Phillip (Freiwillige aus Grahamstown) ein Auto (das wir liebevoll „Berta“ tauften) und fuhren die Strecke mit super Laune, geiler Musik und aufgeregter Stimmung.

Die Straßen auf dem letzten Drittel waren hingegen nicht mehr so toll…

Am Eingang kauften wir uns jeder die „Wild Card“, eine Karte, mit der man in vielen Nationalparks in Südafrika, manchmal sogar auch in den Nachbarländern, freien Eintritt hat. Und das für gerade mal 37€, welches ca. zwei Eintrittspreisen im Addo Elephant Park entsprechen.

Elefant und Baby überqueren (gleich) hinter uns die Straße
Elefant und Baby überqueren (gleich) hinter uns die Straße

Für den Park finde ich eigentlich gar nicht die richtigen Worte. Beschreiben lässt sich der Park mit den Wörtern atemberaubend, faszinierend, endlose Weite, wunderschöne Natur und coole Tiere.

In den sechs Stunden, in denen wir durch den ganzen Park gefahren sind, konnten wir Zebras, Warzenschweine, Elefanten und gaaanz viele Gazellenarten, vor allem Kudus sehen.

Mein absoluter Lieblingsmoment war, als Elefanten ca. vier Meter neben uns im Gebüsch standen und dann ein Elefant mit seinem Baby hinter uns die Straße überquert hat.

Bisschen Dünenspringen am Sardinia Bay
Bisschen Dünenspringen am Sardinia Bay

Da der Park bereits um 18 Uhr schließt und wir schon etwas früher als gedacht fertig waren, beschlossen wir spontan zum „Sardinia Bay“ zu fahren, um uns von dort aus den Sonnenuntergang anzuschauen.

Definitiv die beste Entscheidung für diesen Abend.

Auf einer Düne genossen wir mit einem Gläschen südafrikanischem „Premium“ Wein den Anblick über den endlosen Strand und die untergehende Sonne.

Da das Wetter am Dienstag nicht so gut war, bzw. noch nicht (in PE ändert sich das Wetter an einem einzigen Tag ständig), beschlossen wir in den kleinen Nationalpark „Kragga Kamma“ zu fahren, um die Big Five von unser (imaginären) Liste streichen zu können.

Im Addo konnten wir nämlich leider keine Löwen, Leoparden und Nashörner sehen. Im „Kragga Kamma“ hingegen schon, auch weil der Park viel viel kleiner ist. Löwen und Leoparden konnten wir aber auch nur sehen, weil sie in eigenen Gehegen waren. Teilweise also eher ein Zoo Vibe, als die endlose Natur im Addo.

Obwohl wir prinzipiell die Big Five abgeharkt haben, ist es mein Ziel, im Laufe dieses Jahres noch sooft in den Addo zu gehen, bis ich offiziell alle Wahrzeichen Südafrikas in „freier Wildbahn“ gesehen habe.

Den restlichen Tag verbrachten wir dann noch am Strand, bis Paula und Phillip wieder zurück nach Grahamstown fahren mussten.

Mittwoch ging es ganz  normal mit der Arbeit weiter. Da noch Ferien sind und die Schulen geschlossen sind, waren wir die Woche über im Büro und haben an organisatorischem gearbeitet. Die letzten drei Tage waren auch die „School Manager“ im Büro, um die Projekte zu reflektieren und die Projekte zu verbessern, zum Beispiel indem die Computer wieder die fehlenden Spielen / Lernprogrammen bekamen, oder Spiele komplett gelöscht wurden, da sie nicht effizient zum Lernen beitragen.

Johanna und ich spielten die Spiele, um uns einen Überblick verschaffen zu können und unsere Bewertung dafür abzugeben.

 

Donnerstag und Freitag fingen wir mit dem konzipieren des „Microsoft Word – Workshops“ an, womit sich die Kinder mit der Anleitung unserer Zettel ihre Word Kenntnisse selber beibringen könnten.

 

Am Freitag startete dann unsere versprochene „Townshiptour“ mit Fiks.

Fiks ist der Co-Founder von Masinyusane und eine der coolsten Personen, die ich bis jetzt in Südafrika getroffen habe.

Besonders beneidenswert an ihm ist, wie gut und locker er mit Menschen umgehen kann und nahezu jeden kennt. Dabei kann es dann auch passieren, dass mitten im Township angehalten wird, da er jemanden aus dem Fitnessstudio kennt, in dem er mal vor Jahren trainiert hat. Die Tour war super interessant, da Fiks sehr viel Insiderwissen und Kenntnisse über geschichtliches hat, aber auch ziemlich schockierend.

 

In den Townships gibt es zwei Arten von „Häusern“. Einmal die RDP Houses, die von der Regierung gratis erbaut und zur Verfügung gestellt werden, um die generelle Wohnsituation zu verbessern. Und dann gibt es noch die sognannten „Shacks“, Blechhäuser die keinen Zugang zu Elektrizität oder Wasser haben.

Wenn man die beiden Wohnsituationen neben einander sehen würde, dann würde man sofort denken, die Leute in den RDP Houses sind wohlhabender, als die Bevölkerung, die in den Shacks lebt. Es gibt jedoch keinen Unterschied zwischen dem Einkommen, dem Reichtum oder sonstigem der Bewohner. Hier steht ausschließlich etwas Glück zwischen ihnen.

Ich kenne zwar die Auswahlkriterien nicht, die möglicherweise eine Rolle spielen, aber grundsätzlich kann man sich für die Häuser bewerben. Die Regierung versucht anscheinend so viele Häuser wie möglich weiter zu bauen und ist damit auch recht erfolgreich, dennoch gibt es immer noch die Shack-Siedlungen.

Wenn man aus Deutschland kommt, wo viel Wert auf Mülltrennung und Recycling gelegt wird, tut es einem schon weh, den ganzen Müll, das ganze Plastik einfach in Massen in der Gegend rumliegen zu sehen.

Es gibt so viele Dinge, von denen ich gedacht hätte, sie wären mit der Beendung der Apartheit auch verschwunden, aber das ist nicht der Fall. Zum Beispiel die Trennung von „Black“, „Coloured“ und „White“ Vierteln, aber oft ist es immer noch so, dass die Gruppen unter sich bleiben. Klar hat es sich vermischt, aber nicht so stark, selbstverständlich wie ich es gedacht hätte.

Für mich auf eine Weise unverständlich, aber vielleicht lerne ich in meiner Zeit hier in Südafrika die  Gründe dafür kennen.

Eines möchte ich hier an dieser Stelle noch sagen: ich fühle mich nach dieser erst so kurzen Zeit nicht in der Lage, über irgendwelche gesellschaftlichen und kulturellen Inhalte zu urteilen. Das werde ich, um es realistisch zu betrachten, nach dem Jahr immer noch nicht können. Vielleicht werde ich einen besseren Blickwinkel und mehr Verständnis für bestimmte Sachen haben, aber mehr auch nicht, denn dafür ist ein Jahr definitiv zu kurz. All das, worüber ich jetzt geschrieben habe, entspricht nur meiner Wahrnehmung, möglicherweise nicht der Realität. Behaltet das einfach im Hinterkopf.

 

Also, Viele Grüße vom anderen Ende der Welt.

 

Amelie