Molweni Mzantsi Afrika / Hallo Südafrika

Hamburg verabschiedete mich mit seinem typischen Septemberwetter. Grau und Regen.

Ein bisschen fühlte es sich wie in einer schlechten Filmszene an, aber das Wetter passte dennoch zu meiner Stimmung.

Bevor ich Zuhause los gefahren war, war ich voller Vorfreude und konnte es kaum erwarten, dass es nun endlich losging. Aber als ich dann ins Taxi stieg, überfiel mich eine gewisse Traurigkeit.

Das letzte Mal durch Hamburg fahren, das letzte Mal meine Familie real an meiner Seite haben, ebenso meine Freunde.

Aber nun gab es kein Zurück mehr. Und ich wollte auch nicht, dass es anders war, denn ich freute mich immer noch auf Südafrika, aber schwer war es trotzdem.

Online hatte ich bereits eingecheckt, wodurch alles sehr schnell und unkompliziert ging.

Mein Gepäck wurde aufgegeben und ich hatte nur noch mein Handgepäck.

Im Vorfeld hatte ich bereits für mich selber festgelegt, dass ich einen kurzen, möglichst schmerzlos Abschied wollte. Jetzt kam dennoch der unvermeidbare Teil, vor dem ich mich am meisten gefürchtet hatte.

Der finale Abschied. Alle nochmal umarmen, meine Schwester, meine Freunde, meine Eltern.

Tränen, trotzdem stark sein wollen. Zusammenreißen und die ersten Schritte für mein Abenteuer Südafrika gehen.

London von oben
London von oben

Von Hamburg, wo ich schon Leonie, eine andere SAGE Net Freiwillige traf, ging es für uns zuerst nach London. Dort trafen wir dann die anderen, die auch in PE wohnen werden. In London stiegen wir dann in den Flieger nach Johannesburg, der mit einer Verspätung von fast einer Stunde wegen mehreren Sachen dann doch irgendwann startete.

Ein ziemlich beeindruckendes, riesiges Flugzeug mit 10 Sitzen pro Reihe und natürlich kleinen Fernsehern, die eine gar nicht so schlechte Auswahl an Filmen hatten. Irgendwann nach 24 Uhr bekamen wir dann unser sehnsüchtig erwartetes Abendessen und ich muss ehrlich sagen, dass das Essen für Flugzeugverhältnisse trotz der viel zu weich gekochten Nudeln, echt ziemlich gut geschmeckt hat. Im Laufe des Fluges fing es dann an zu Gewittern und es war wunderschön mit anzusehen. Das Gewitter wurde nicht wie sonst von Wolken verdeckt und erhellte dadurch den ganzen Nachthimmel.

Nach mehreren Stunden, wo ich versucht hatte wenigstens ein wenig zu schlafen, gab es dann Frühstück.

Zur Auswahl: ein klassisches englisches Frühstück mit baked beans, Würstchen und co, oder eine Frittata.

Was ich bei letzterem nicht wusste, auch dort waren baked beans und gegrillte Champions dabei.

Das Frühstücksfazit: naja... Lediglich die Ananas und der Orangensaft waren ganz gut.

 

 

Nach fast 11 Stunden Flug plus der Stunde Verspätung landeten wir dann schließlich in Johannesburg.

Als wir aus dem Flugzeug stiegen, war die Luft anders, wärmer. Wir waren in Südafrika angekommen, doch richtig realisieren konnte ich es zu diesem Zeitpunkt noch nicht wirklich. Schon bereits aus dem Flugzeug konnte ich die Landschaft bewundern, runde Felder, viel Sand und trockener Boden.

 

Unsere Vorfreude wurde jedoch ein wenig von der Tatsache gedämpft, dass unsere zwei Stunden Aufenthalt bis zum nächsten Flug nach PE sich durch die Verspätung auf nicht mal mehr eine Stunde reduziert hatte.

Optimistisch bleiben war hier die einzige Möglichkeit, doch im Anbetracht dessen, dass wir noch unser Visum „aktivieren“ lassen, unser Gepäck noch einmal abholen und aufgeben und unser richtiges Gate finden mussten, erschien diese eine Stunde viel zu kurz.

Als dann auch noch der Koffer einer Mitfreiwilligen verschwunden war und dies erst mal geklärt werden musste, war eigentlich klar: wir bekommen unseren Flug nicht mehr.

 

Mit unserem ganzen Gepäck irrten wir am Flughafen herum und keiner konnte uns wirklich sagen, wohin wir gehen sollten, damit wir unsere Bordkarten für den neuen Flug bekommen konnten.

 

Der nächste Flug nach PE ging gegen 13 Uhr und wir rechneten fest damit, dass wir diesen bekommen würden.

Da es jedoch im Endeffekt viel länger dauerte, wurde unser Flug auf 16 Uhr verschoben.

Nach mehr als 24 Stunden Reisezeit erreichten wir dann endlich unser Ziel: PE.

 

Bild im Masinyusane Büro
Bild im Masinyusane Büro

Am Flughafen warteten unser Mentor Jonas und unser Chef Jim auf uns.

Nach einer kurzen Begrüßung fuhren Johanna und ich mit zu Jim nach Hause, welches für mindestens die nächsten drei Monate unser Zuhause sein wird.

Dort wurden von Jims Frau und seinen zwei kleinen Zwillingen begrüßt.

In dem Haus, wo Johanna und ich uns ein Zimmer teilen, leben momentan auch noch fünf Studenten, die von Masinyusane gefördert werden.

Nach dem Auspacken und einer schnellen Dusche sind wir schlafen gegangen.

 

 

Am nächsten Tag konnten wir leider nicht ausschlafen, sondern es ging bereits um acht Uhr morgens los. Der Grund dafür, dass wir keine richtige Ankommensphase bekamen war, dass die Schulen hier in Südafrika nächste Woche für einige Tage schließen. Manche schließen jedoch schon früher. Um ehrlich zu sein, kenne ich den richtigen Grund nicht, aber wahrscheinlich, da sie denken es würde sich nicht lohnen.

Auf jeden Fall sind wir als erstes ins Büro gefahren, haben eine Haustour bekommen und alle Mitarbeiter kennen gelernt. Insgesamt arbeiten um die 15 Leute im Büro, vier davon kommen aber höchstens einmal pro Woche, da sie an den Schulen direkt eingesetzt sind.Dann fuhren wir zur ersten Schule, um auch dort die Masinyusane Mitarbeiter kennenzulernen.

Nach einer kurzen Schulführung waren wir in der kleinen Bibliothek, wo Kinder an Tablets durch Spiele Mathe und den Umgang mit Technik lernten. Dort unterhielten wir uns mit den Mitarbeitern und starteten die ersten Xhosa Sprachversuche, was sich für mich schwerer als gedacht rausstellte.

Am späten Nachmittag und Abend waren wir dann in unserem neuen Zuhause, richteten dort unser Zimmer mit mitgebrachter Deko ein und spielten mit den beiden Kindern von Jim, die unglaublich süß und offen gegenüber uns waren.

 

Unser zweiter Arbeitstag bestand daraus, dass wir die verbliebenen drei Schulen besuchten, wo es das Masinyusane Projekt gibt.

Dazu muss man sagen, dass die südafrikanischen Grundschulen ganz anders aussehen, als die in Deutschland.

Einmal liegt es daran, dass sich die Schulen, an denen wir waren, in Townships befinden, anderseits vielleicht auch, weil kein Geld für die Erneuerung oder ähnlichem ausgegeben wird (ist nur eine Vermutung, sicher bin ich mir nicht, es könnte also auch andere Gründe dafür geben).

Die Schulen sind von einem hohen Zaun umgeben, das Schultor ist immer geschlossen und wird von den Kindern oder anderen Erwachsenen geöffnet und auch die Gebäude und Einrichtung sind relativ alt und einfach. Die Fenster sind vergittert, damit nicht eingebrochen werden kann.

Die Masinyusane Räume (Bibliothek und Computerräume) sind hingegen in bunten Farben und mit neueren Sachen gestaltet, auch um die Kinder zum Lesen und ähnlichem zu motivieren.

Traditioneller Tanz
Traditioneller Tanz

An jeder Schule wo wir waren kamen die Kinder sofort auf uns zu gerannt, umarmten uns und streckten ihre Hände für high fives hoch. Jim, unser Chef, erklärte uns später, dass dies nicht an uns liegen würde oder an unser Hautfarbe (ohne dass das jetzt komisch klingt), sondern daran, das die Xhosa Bevölkerung sehr freundlich, auch gegenüber Fremden ist und die Kinder sich einfach freuten uns zu sehen.

Da im September der „Heritage Month/Day“ ist, hatten wir die Möglichkeit bei einer traditionellen Tanzaufführung der Grundschule dabei zu sein.

Alle Kinder saßen in einem großen Kreis und in der Mitte fand die Aufführung statt. Es wurden Reden am Anfang und zwischendurch gehalten, vieles leider auf Xhosa, wodurch ich das leider nicht verstehen konnte.

Kinder hielten Reden (vielleicht auch Gebete), ebenfalls auf Xhosa, tanzten in traditioneller Kleidung und vermischten dies ein wenig mit Schauspiel. Das Ganze war sehr beeindruckend und ich bin sehr froh, dass ich die Chance hatte mir dies anzuschauen.

Port Elizabeth, "the windy City"
Port Elizabeth, "the windy City"

Am Nachmittag konnten wir dann das erste Mal zum Strand gehen. Jim und seine Zwillinge begleiteten uns und zeigten uns den extra zur WM 2010 gebauten riesigen Hotelkomplexes, der jetzt recht leer und viel zu groß wirkt.

Da es ziemlich windig und kalt an dem Tag war (Port Elizabeth wird ja auch „the windy city“ genannt und ich kann jetzt verstehen warum), blieben wir nicht so lange am Meer.

Trotzdem war es super schön und ich freue mich schon auf die wärmeren Tage, wo man ohne Probleme am Strand sein kann. Zudem wird es hier ja auch bald Sommer, im Gegensatz zu Deutschland :).

 

Der dritte Tag fing wieder im Büro an, wo ich auch, wie an den Tagen zuvor, Zeit hatte an diesem Blogeintrag zu arbeiten.

Mir kommt diese Zeit morgens ganz gelegen, weil ich Zuhause nicht wirklich die Zeit dazu finde hieran weiterzuarbeiten, da wir meist erst gegen 16 oder 17 Uhr ankommen. Und dann sind andere Sachen wichtiger: ein wenig die sozialen Fähigkeiten stärken und sich mit unseren Mitbewohnern unterhalten (kleiner Scherz, es ist wirklich super interessant, sich mit ihnen auszutauschen und einfach über belangen lose Dinge zu reden, egal was).

Dann gibt es noch die super süßen Babys und unser Abendessen müssen wir uns irgendwann dann auch noch machen.

Ben Sinuka Primary School
Ben Sinuka Primary School

Anschließend wurden wir an der „Ben Sinuka Primary School“ rausgeworfen, um die Kinder kennen zu lernen und die „School Managerin“ Zianda, die die verantwortlichen für die Bibliothek und an dieser Schule von Masinyusane verantwortlich ist.

Die Kinder sind sofort auf uns zugekommen und wollten Bücher vorgelesen bekommen und haben mir mehrere neue Frisuren gemacht.

Wir waren nicht so lange an der Schule, da relativ wenig Kinder da waren, aber danach ging es eigentlich zum abenteuerlichsten Teil des Tages: das Autofahren.

Wir bekommen hier einen Dienstwagen gestellt (das Auto mit den vielen Macken wurde liebevoll Zoé getauft) und ich hatte damit nicht gerechnet (ich habe zwar keinen Führerschein, Johanna zum Glück schon), aber hier herrscht Linksverkehr und das war ein wenig beängstigend…!

Am Anfang war es noch viel schlimmer, da man sich immer wie ein Geisterfahrer gefühlt hat, aber langsam wird’s besser.

Die Masinyusane Bibliothek an der Ben Sinuka Primary School
Die Masinyusane Bibliothek an der Ben Sinuka Primary School

Trotzdem ist Johanna noch nie auf der linken Spur gefahren und das sollten wir jetzt ausprobieren. Es war um ehrlich zu sein gar nicht schlimm.

Bis auf ein paar Mal kurz auf der falschen Seite fahren (aber auf einer unbefahrenen Straße) hat alles super geklappt und wir sind auch heute alleine zum Büro gefahren.

Heute hatten die Grundschulen nämlich schon zu, wodurch wir nur im Büro waren.

Dort fand ein „Selbstfindungsworkshop“ für Masinyusane Studenten statt, der sie auf kommende Vorstellungsgespräche nach ihrem Abschluss vorbereiten sollte. Dort waren auch vier, die mit uns in Jims Haus wohnen.

Ansonsten gibt es vom heutigen Tag nicht mehr so viel zu erzählen.

Ich habe weiter an diesem Blogeintrag geschrieben und meinen ersten Onlinekurs auf Udemy angefangen, wodurch ich nach dessen Abschluss ein richtiger Profi in InDesign sein sollte.

Für alle die Udemy nicht kennen: das ist ein Portal, wo man für gerade mal 130 Rand (ca. 8€) Onlinekurse belegen kann und das zu den verschiedensten Themen (gibt’s übrigens auch auf Deutsch).

Im Masinyusane Büro ist das Belegen dieser Kurse sehr beliebt und wird sogar von denen bezahlt, da Jim möchte, dass wir uns in unser Zeit hier weiterentwickeln und die neu erlernten Fähigkeiten dem ganzen Team helfen können.

 

 

Unser Auto: Zoé
Unser Auto: Zoé

Im Gespräch mit Jim erfuhren wir dann (ein wenig kurzfristig), dass wir Montag und Dienstag aufgrund der Ferien frei haben.

Da der Addo Elephant Park nicht so weit von PE entfernt ist und Mitfreiwillige aus Grahamstown über das verlängerte Wochenende in PE sind, beschlossen wir uns alle ein Auto zu mieten und Montag, vielleicht auch noch Dienstag in den Park zu fahren. Freut euch also schon mal auf die Bilder!

Ich weiß noch nicht genau, was das Wochenende bringen wird, das werden wir wohl spontan entscheiden, aber wir werden wahrscheinlich die Stadt erkunden, um einen besseren Überblick über unser neues Zuhause zu bekommen. Vielleicht bekommen wir auch einen Mitbewohner von uns dazu überredet uns zu begleiten, damit wir auch die „local spots“ kennen lernen.

 

 

Südafrika ist, von dem was ich bis jetzt hier gesehen habe, ein wunderschönes Land, jedoch mit seinen krassen Gegensetzen.

Auf der einen Seite haben wir hier in PE den Ozean vor der Tür, treffen täglich super freundliche Menschen, die uns gegenüber offen und hilfsbereit sind. Ganz anders als in Deutschland. Die völlig neue, interessante Kultur mit ihren Traditionen und einfach die Landschaft. Dennoch leidet das Land immer noch an den Auswirkungen der Apartheit. In den Townships kann man dies besonders sehen.

Es gibt von der Regierung finanzierten Häuser, die aber von den Bewohnern nicht wirklich instand gehalten werden können.

Kriminalität, HIV/Aids. All das gehört hier zum Alltag.

 

 

Aber ich freue mich trotzdem, dieses besondere Land, mit seinen guten und schlechten Seiten in den nächsten (nicht mehr ganz) zwölf Monaten kennen zu lernen.

 

 

Also, viele Grüße aus Südafrika.

 

Amelie